Feinfühligkeit im Umgang mit sich selbst und anderen
Sabine Verboles Vortrag hatte einen anderen Titel, aber…

Eggenfelden. Die diplomierte Sozialpädagogin mit eigener Praxis in Dorfen, selbst Mutter von vier Kindern und Grossmutter vom ersten Enkelkind hielt einen sehr spannenden und berührenden Vortrag an der Montessori Schule in Eggenfelden mit dem Titel «Feinfühligkeit von Eltern und Fachkräften, Beziehungen mit Kindern im Alter von 3-10 Jahren gestalten».

Tatsächlich gelten die von Sabine Verbole vorgestellten Bedürfnisse und Erläuterungen zum Thema «Bindung» und zum «Kreis der Sicherheit» nicht nur für Kinder einer bestimmten Altersgruppe, sondern für alle Menschen jeden Alters. Wir alle wünschen uns Bindungen, die halten, die verlässlich sind und uns Sicherheit geben. «Nicht nur Dreijährige wünschen sich, gehalten und getröstet zu werden, wenn es ihnen schlecht geht oder sie Angst haben.

Dieses Bedürfnis nach Nähe und Geborgenheit gehört zu den grundlegenden Bedürfnissen eines Menschen, egal welchen Alters. Vertrauensvolle Beziehungen sind in jedem Alter wichtig. Menschen, die selbst aus so genannten dysfunktionalen Elternhäusern stammen, wo die Mütter und/oder Väter – aus welchem Grund auch immer – emotional nicht oder nicht immer verfügbar waren, haben es erwiesenermaßen schwerer in ihrem Leben, stabile, gesunde, tragfähige Beziehungen aufzubauen und zu leben. Außerdem kommt Bindung vor Bildung“, erläuterte Sabine Verbole sehr anschaulich. Heute ist es auch anerkannt, daß kleine Kinder seelisch Schaden nehmen können und möglicherweise traumatisiert werden, wenn sie z.B. für längere Zeit allein in einem Krankenhaus bleiben müssen. „Früher dachte man, die Kinder sind eh noch so klein, die kriegen gar nichts mit. Da spielt das keine Rolle“, machte Sie auf einen jahrzehntelangen Irrtum im Umgang mit Säuglingen und Kleinkindern aufmerksam. 

Feinfühligkeit sich selbst gegenüber

Ein ebenfalls sehr häufiger Irrglaube, dem bis zum heutigen Tag vor allem Frauen oft erliegen, ist die Meinung, „mir geht es gut, wenn zuerst alle anderen zufrieden sind. Das ist fatal. Zuerst muss es immer einem selbst gut gehen, bevor es überhaupt möglich ist, für die Bedürfnisse anderer, auch der eigenen Kinder, wirklich da zu sein. Das hat ganz viel zu tun mit dem persönlichen Selbstwertgefühl. Für wie wertvoll hältst Du Dich selbst? Am besten stellt sich jeder selbst diese Frage: Wie sicher, geborgen, geliebt und gesehen fühle ich mich in meinem privaten und beruflichen Umfeld, in meiner engsten Familie? Ein kleines Gedanken-Experiment: Wenn unsere eigenen Bedürfnisse Fässer wären – ein Fass für Zeit für mich selbst, ein Fass für meine Hobbies, eines für Zweisamkeit, ganz egal – ein Fass steht für eines meiner Bedürfnisse. Wie gut gefüllt sind diese Fässer? Oder sind sie alle leer, weil diese Möglichkeit gar nicht existiert, dass man als Elternteil und im Beruf stehend, überhaupt eigene Bedürfnisse haben könnte?“ Diese Überlegungen gab Sabine Verbole ihren interessierten Zuhörern mit auf den Heimweg. Wie gut gefüllt sind Ihre Bedürfnis-Fässer? 

Barbara Niederberger (bns)